Steingärten müssen nicht sein

Der NABU Karben nimmt Stellung zu Steingärten

Prof. Dr. Roland Prinzinger:

Der Stein- oder Schottergarten ist für Vögel und Insekten schlicht Horror (Foto: NABU Krefeld)
Vermeintlich pflegeleicht, Horror für Vögel und Insekten - der Stein- oder Schottergarten (Foto: NABU Krefeld)

Schottergärten sind ein aktuelles Thema – auch bei den politischen Parteien, die sich zurzeit zur Gemeindewahl stellen.
Sind Ihnen beim Spazierengehen schon mal die immer noch zunehmenden Schotterlandschaften in den Vorgärten aufgefallen? Der Trend, lebendige Grünflächen in sterile Schotter- oder Betonflächen und in Metallzäune mit Steinen gefüllte Gabionenwände umzuwandeln, ist trotz vielfacher Kritik bei vielen nicht gebrochen. Mit farbenfrohen, echten, d.h. pflanzenreichen Steingärten haben solche Gärten des Grauens aber absolut nichts zu tun. Hier darf höchstens mal ein Alibi­-Pflänzchen aus den toten Steinschüttungen ragen. Zur Auflockerung dienst höchsten ein zurechtgestutztes Formgehölz. Zur Not tut es auch eine Steinskulptur. Ob solche ökologischen Wüsten schön sind, ist eine Frage des Geschmacks. Friedhöfe zeigen sich meist lebendiger. Die Schotterbeete seien nun mal besonders pflegeleicht, heißt es oft zur entschuldigenden Begründung. Aber ist das wirklich so?
Wenn eine solche Schotterfläche angelegt wird, soll ein Unkrautvlies jeglichen Aufwuchs unterdrücken. Es lässt sich aber auf Dauer nicht verhindern, dass über Laub und Samenflug organisches Material eingetragen wird. So entsteht mit der Zeit ein Nährboden für Wildkräuter, Moose und Flechten. Die Natur will sich die Fläche zurückerobern!
Die vermeintliche Pflegeleichtigkeit ist somit nur von kurzer Dauer. Will man das ursprünglich pflanzenfreie Bild erhalten, muss man also ständig jäten oder sogar mit Herbiziden arbeiten, was dann nicht selten geschieht. Das hat aber in Wohngebieten nichts zu suchen. Nicht umsonst werden aktuell in zunehmendem Maße flache Hochhausdächer (auch in Frankfurt) grün bepflanzt. Eine natürliche Pflanzung ist nicht nur schön, sondern spendet auch Verdunstungskühle sowie Schatten im Sommer und bindet Feinstaub. Ganz zu schweigen vom ökologischen Nutzen für zahlreiche Bodenlebewesen und Bienen, Schmetterlinge oder Vögel, die auf das blühende Grün angewiesen sind! Und sehen bepflanzte Vorgärten nicht einfach auch viel schöner aus? Zum Glück finden wir in Karben davon noch eine große Zahl. Schauen Sie sich um und vergleichen Sie. Und scheuen Sie sich nicht, beide Gartenformen mit Kritik und Lob zu belegen! Beides hilft.
In vielen Kommunen deutschlandweit haben die Verwaltungen folgerichtig schon längst entsprechende Vorgaben in ihren Bebauungsplänen festgeschrieben. Das ist also rechtlich möglich! Das betrifft auch die Berücksichtigung der versiegelten Flächen bei der Abwasserabgabe, die auch für Altbauten eingeführt werden kann. Hoffen wir, dass die Einsicht der Politiker in diese Problematik endlich auch in entsprechenden Verordnungen ihren Niederschlag findet. Die Auslobung eines Preises für ökologisch wertvolle Gärten ist ein begrüßenswerter Anfang und belohnt Gartenbesitzer, die etwas für die Natur und die Ästhetik der Städte beitragen.
Nicht zuletzt ist es nicht nachvollziehbar, dass mit großem Aufwand überall Blühstreifen angelegt werden und gleichzeitig in der Stadt Grünflächen zu Steinwüsten verkommen. Irgendwo und irgendwann endet auch das „Gestaltungsrecht“ der Grundstückseigentümer.